Künstliche Linsen: die einzige Therapie bei Grauem Star
Künstliche Intraokularlinsen sind die einzige Therapie gegen den Grauen Star. Denn beim Grauen Star trübt die natürliche Linse ein. Dagegen gibt es keine Medikamente. Um wieder klar sehen zu können, wird deshalb heutzutage standardmäßig die natürliche, trübe Linse durch eine künstliche Linse ersetzt. Sie sitzt dann innerhalb des Auges, also „intra okular“, im Regelfall im sogenannten Kapselsack, in dem vorher die natürliche Linse saß. Deshalb nennen sich diese Linsen Intraokularlinsen.
Übersicht künstliche Intraokularlinsen bei Grauem Star
Monofokallinsen
Bei der überwiegenden Mehrzahl aller Menschen werden monofokale Linsen verwendet, um den Grauen Star zu operieren. Hiermit hat man wieder eine klare Linse, und die durch den Grauen Star verursachten Sehprobleme sind beseitigt.
Bei diesem Linsentyp ist die künstliche Linse so gekrümmt, dass das einfallende Licht für ausschließlich einen Entfernungsbereich (= mono) ein scharfes Bild bildet. Eine Hornhautverkrümmung wird mit Monofokallinsen nicht ausgeglichen. Nach der Operation braucht man also immer noch eine Brille für die Ferne bzw. Nähe oder um die Hornhautverkrümmung auszugleichen. Dafür ist das Sehen in der gewählten Entfernung sehr scharf. Sphärische Monofokallinsen sind die einzigen Intraokularlinsen, deren Kosten von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
Multifokallinsen
Multifokale Linsen können – wie der Name schon sagt – auf zwei oder drei Entfernungen fokussieren, also scharf stellen. Diese Linsen nennen sich dann bifokale oder trifokale Linsen. Mit ihnen kann man Kurz- und Weitsichtigkeit gemeinsam ausgleichen, wie bei einer Gleitsichtbrille. Zusätzlich mit weiteren Eigenschaften ausgestattet (s.u.), können diese Linsen auch Hornhautverkrümmungen ausgleichen (torische Linsen) oder das Sehen nachts angenehmer machen (asphärische Linsen).
Der Nachteil der multifokalen Linse ist, dass das einfallende Licht hier auf zwei bis drei Schärfepunkte verteilt werden muss. Daher hat das Bild einen stärkeren Halo-Effekt, es ist kontrastärmer und nicht so scharf wie bei einer Monofokallinse.
Obwohl das Gehirn manche dieser Nachteile kompensieren kann (Neuroadaptation), sind die Multifokallinsen ganz klar ein optischer Kompromiss. Das muss man wissen, wenn man sich dafür entscheidet. Ob man damit gut klarkommt, hängt stark von den Lebensgewohnheiten und auch vom Anspruch an das eigene Sehen ab. Für manche Menschen stellen Multifokallinsen allerdings eine für ihren Lebensstil optimale Lösung dar und sie sind sehr zufrieden damit.
Bifokallinsen
Bifokallinsen sind Multifokallinsen, die auf 2 nebeneinanderliegende Schärfebereiche („bi“) scharf stellen können. Das grundsätzliche Kontrastproblem von Multifokallinsen (s.o.) ist bei Bifokallinsen etwas geringer ausgeprägt als bei Trifokallinsen.
Trifokallinsen
Trifokallinsen sind Multifokallinsen, die auf 3 Schärfebereiche („tri“) scharf stellen können: Ferne, Zwischendistanz und Nähe. In Abhängigkeit von den optischen Abbildungseigenschaften des zu operierenden Auges und des zweiten, gesunden Auges ist es mit Trifokallinsen in einigen Fällen möglich, nach der Operation komplett auf eine Brille oder Kontaktlinsen zu verzichten.
EDOF
EDOF sind eine Variante von Multifokallinsen. Das Kürzel steht für Extended Depth Of Focus, was bedeutet, dass diese Intraokularlinsen eine erweiterte Tiefenschärfe aufweisen. Sie ähneln dem Prinzip von Gleitsichtbrillen und minimieren störende Lichteffekte. Für bestimmte, allerdings wenige Patienten sind EDOF empfehlenswert; wir empfehlen deshalb auf jeden Fall eine eingehende Beratung zu den Vor- und Nachteilen.
Torische Linsen
Die Eigenschaft „torisch“ ist eine Zusatzeigenschaft von Intraokularlinsen, die manche Art von Hornhautverkrümmung ausgleichen kann. Sowohl Monofokallinsen als auch Multifokallinsen können mit dieser Eigenschaft ausgestattet werden. Man muss die Art der Hornhautverkrümmung untersuchen, um entscheiden zu können, ob eine torische Linse die Hornhautverkrümmung wirklich ausgleichen kann und medizinisch sinnvoll ist. Wenn die Operation des Grauen Stars ansteht, kann man also über die Wahl der Linse auch gleich eine zusätzlich bestehende Hornhautverkrümmung mit ausgleichen. Die torische Zusatzeigenschaft wird allerdings nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen.
Asphärische Linsen
Auch Asphärizität ist eine Zusatzeigenschaft von Intraokularlinsen. Asphärische Linsen minimieren den Streueffekt von Licht bei Dunkelheit und Dämmerung (Halo-Effekt). So wird das Sehen bei Dunkelheit komfortabler, was vor allem Menschen schätzen, die nachts Auto fahren oder die Abende gern bei Kerzenschein verbringen. Multifokale Linsen haben standardmäßig auch etwas Asphärizität, weil bei ihnen der Halo-Effekt durch die Bauart bedingt sonst größer wäre (s.o.). Monofokale Linsen können mit asphärischen Eigenschaften versehen werden, die allerdings nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen werden.
Künstliche Linsen bei Refractive Lens Exchange / Clear Lens Exchange (RLE/CLE)
Die künstlichen Linsen werden übrigens nicht nur für den Grauen Star eingesetzt, sondern auch bei der Refractive Lens Exchange (RLE), auch Clear Lens Exchange genannt (CLE). Hier wird die ungetrübte, natürliche Linse eines gesunden Auges entfernt. Dies empfehlen wir in Abhängigkeit ihrer Lebensumstände bei Menschen mit sehr hohen Dioptrienwerten, die mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr klarkommen. Manche Menschen entscheiden sich für die RLE auch aus beruflichen Gründen. Die verwendeten Intraokularlinsen sind die gleichen Linsen wie beim Grauen Star. Weitere Informationen zu RLE bekommen Sie hier.
Monofokallinse: die Standard-Lösung
Wichtig zu betonen ist: Das Ziel beim Einsetzen einer künstlichen Linse gegen den Grauen Star ist es, wieder ungetrübt sehen zu können. Die von den gesetzlichen Kassen finanzierte Standardlinse, die Monofokallinse, hat genau diesen Zweck. Das heißt, andere Augenfehler, zum Beispiel eine Hornhautverkrümmung, gleicht sie nicht aus. Eine Monofokallinse hat eine gewisse Stärke, um den Brechfehler des Auges zu korrigieren. Sie kann auf eine Entfernung („mono“) scharfstellen; man entscheidet sich für die Nähe oder Ferne. Wer sein ganzes Leben Brille getragen hat – der wird in der Regel auch nach der Star-OP eine benötigen.
Premiumlinsen / Multifokallinsen für besondere Sehbedürfnisse
Außer der Standardlinse gibt es sogenannte Premiumlinsen, die zusätzliche Eigenschaften haben, deren Kosten allerdings privat getragen werden müssen. Man kann die Monofokallinse mit einer asphärischen Eigenschaft versehen, damit Streulichtphänomene bei Dunkelheit und Dämmerung weniger störend sind. Manche Arten von Hornhautverkrümmung können über eine Linse mit zusätzlichen torischen Eigenschaften ausgeglichen werden. Und es gibt Multifokallinsen, die auf zwei oder drei Entfernungen scharfstellen können (Bifokallinse bzw. Trifokallinse). Kein Vorteil ohne Nachteil: Bei Multifokallinsen sind die Schärfe und das Kontrastsehen nicht so präzise wie bei Monofokallinsen.
Zusammengefasst: Premiumlinsen können also auf mehrere Entfernungen scharfstellen, eine vorhandene Hornhautverkrümmung ausgleichen oder das Sehen bei Nacht komfortabler machen. Nicht für jeden Patienten sind allerdings diese Premiumlinsen empfehlenswert; „Premium“ heißt also nicht unbedingt „besser für jeden“. Welche Linse für Sie geeignet ist, hängt von Ihren Augen und von Ihren individuellen Sehbedürfnissen und Lebensgewohnheiten ab: Lesen Sie gern und viel? Wie gestochen scharf soll das Bild sein? Fahren Sie nachts Auto? Treiben Sie viel Sport?
Im Rahmen der individuellen Voruntersuchung besprechen wir mit Ihnen, welche künstliche Linse für Sie geeignet ist.
Wozu braucht man eine künstliche Linse bei Grauem Star? Geht es auch ohne?
Würde nur die eigene Linse entfernt, ohne eine künstliche Linse als Ersatz einzusetzen, würde hieraus eine hohe Fehlsichtigkeit resultieren. Diese müsste man durch eine Brille oder durch Kontaktlinsen ausgleichen. Teilweise sind diese als „Starbrille“ bekannten Brillen mit dicken, schweren Gläsern auch noch in Deutschland bis in die 1980er Jahre weit verbreitet gewesen. Die zu verwendende Linsenstärke wurde dabei im Rahmen der Operationsvorbereitung durch eine Messung ermittelt. Heute ist es Standard, bei der Operation des Grauen Stars die getrübte natürliche Linse durch eine Kunstlinse zu ersetzen, eine sogenannte Intraokularlinse.
Kosten für künstliche Linsen
Die Gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für normale monofokale Linsen, also ausschließlich den Ersatz der durch den Grauen Star getrübten Linse, um wieder klar sehen zu können. Entscheiden Sie sich für eine künstliche Linse mit besonderen Eigenschaften, tragen Sie den Differenzbetrag – etwa für den Ausgleich Ihrer Hornhautverkrümmung oder die Anpassungsfähigkeit der Linse von Nah zu Fern.
Mit einer normalen monofokalen Linse, wie sie die Gesetzliche Krankenkasse bezahlt, werden Sie also weiterhin eine Brille benötigen. Von unseren Ärzten in der Augenpraxisklinik Heidelberg bekommen Sie eine ausführliche Beratung und in jedem Fall einen Kostenvoranschlag, den Sie bei Ihrer Krankenkasse einreichen können. Die Leistungen der Privaten Krankenkassen sind unterschiedlich – auch hierfür bekommen Sie von uns einen Kostenvoranschlag.